Aktuelle Nachrichten

So

18

Aug

2019

Wieder Bruterfolg bei der Sturmmöwenkolonie auf dem Graswarder

Es gibt Maßnahmen, die schädliche Auswirkungen mildern, jedoch das eigentliche Problem nicht grundsätzlich beseitigen können. Flächenoptimierungen mit Zäunen sind letztlich immer nur zweite Wahl, denn an erster Stelle steht naturgemäß die großflächige Optimierung der Landschaft an sich. Wenn das nicht kurzfristig erreichbar ist, können Maßnahmen wie der Bau von Zäunen eine berechtigte Alternative sein. Am Beispiel des NSG Graswarders lässt sich dieses Phänomen exemplarisch nachvollziehen.  

 

Eigentlich bietet das Schutzgebiet mit seinen abgelegenen Stränden Salzwiesen und Lagunen bereits optimale Bedingungen zur Brut und Aufzucht von Küstenvögeln. Feine und grobe Sand- und Geröllflächen mit typischen Strandwallpflanzen wechseln sich ab mit arteigenen Salzwiesen und salztoleranten Pflanzen. Extensive Beweidung mit der Rasse der Schwarz-Bunten Rinder sorgt darüber hinaus für ein Mosaik an ausgewogenen Kleinstlebensräumen.

Alles Voraussetzungen für eine artenreiche Ostsee Küstenlandschaft.

Nach und nach verlor das Schutzgebiet aber seine Bedeutung als Küstenvogelbrutstelle, weil Nachwuchs bei Watvögeln wie Säbelschnäbler, Austernfischer, Mittelsäger, Möwen etc. ausblieb. 

 

Hauptgrund für diese Entwicklung waren Prädatoren vor allem Füchse und Marder, die in der sonst weiträumig ausgeräumten Landschaft das Gebiet als „ihre“ Nahrungsplattform entdeckt hatten. Ihnen kam entgegen, dass das Schutzgebiet durch natürliche Sandwanderungen und Ablagerungen mit dem Steinwarder zusammengewachsen war. Die Jahrhunderte lang andauernde Insellage war damit aufgehoben. Prädatoren konnten ungehindert in das Naturschutzgebiet einwandern. Ab 1996 nahm der Bestand an Küstenvögel explizit ab, nachdem insbesondere Füchse den Graswarder als bevorzugte Nahrungsbasis erkannt hatten. Dem versuchte der NABU in Absprache mit der UNB des Kreises Ostholstein durch mobile E-Zäune entgegen zu wirken; anfangs mit recht gutem Erfolg. Dann aber hatten auch Marderhunde und neuerdings auch Waschbären erkannt, dass 1,10 Meter hohe E-Geflechte keinen wirklichen Schutz boten. Zusätzlich durchgeführte gelegentliche jagdliche Eingriffe verfehlten darüber hinaus ihre nachhaltige Wirkung, da sie nicht systematisch genug durchgeführt werden konnten.

 

Dieser Entwicklung war entgegenzutreten, nachdem Nachwuchs in den letzten Jahren nahezu vollständig bei allen Küstenvögeln ausgeblieben war. Lediglich eine Sturmmöwenkolonie überlebte und hatte 2019 noch einen Bestand von ca. 260 markierten Gelegen gegenüber 650 Paaren 2009.  Außer diesen zogen nur noch sechs Grauganspaare im Frühjahr 2019 ihre Gössel auf dem Graswarder auf. Alle anderen Vogelarten hatten keinen Bruterfolg.

 

Als letztmögliche Maßnahme gegen den Zusammenbruch der übrigen Brutbestände bot sich den Verantwortlichen nur noch eine partielle Umzäunung des Naturschutzgebietes mit einem 1,60m hohen Stabgitterzaun mit Seckseckgeflecht im unteren Bereich an. Darüber hinaus wurde vereinbart, die Maßnahme von einem Jäger begleiten zu lassen, der für den notwendig gewordenen Jagdschutz vom Land Schleswig-Holstein entlohnt wird. Wie sich schon jetzt zeigt, eine wichtige und essentielle Ergänzung zu den Zäunen.

Ein wesentlicher Faktor für die Installation eines stationären Zaunes war der enorme jährlich Arbeitsaufwand beim Auf- und Abbau der mobilen E-Zäune, den die Mitglieder des NABU nicht mehr in der Lage sind, langfristig zu gewährleisten.

Der Bau des geplanten Zaunes wurde 2016 beim Umweltministerium vom NABU beantragt und 2019 im Rahmen der ersten Phase mit der Einzäunung des Areals der sogenannten Sturmmöwenkolonie abgeschlossen. Beide Maßnahmen werden mit EU-Mitteln finanziert und im Auftrag des Kreises Ostholstein durchgeführt.

Vorausgegangen waren intensive Gespräche innerhalb des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume und dem NABU, die hier am Beispiel der schmalen Nehrungsküste und auf Grund der speziellen Lage eine gute Möglichkeit sahen, Prädatoren den Zugang zu erschweren, wenn möglich gar auszuschließen.

 

Die Umsetzung des Projektes scheiterte zunächst jedoch am Veto der Stadt Heiligenhafen, ihr Einvernehmen zur Baugenehmigung zu erteilen. Im November 2017 erging dann doch erfreulicherweise nach einer öffentlichen Sitzung der Stadtverordneten der Beschluss, den Zaun in geänderter Linienführung zu genehmigen.  So wird immerhin die Hälfte des Graswarders und die Sturmmöwenkolonie geschützt und hoffentlich auf lange Sicht eine positive Entwicklung der Küstenvögel damit eingeleitet.

 

Der Baubeginn erfolgte nach einer Ausschreibung im Februar 2018. Durch hohe Wasserstände wurden die Arbeiten zwar bis zum Herbst immer wieder unterbrochen und auch die Frostphase verhinderte den zügigen Weiterbau, so dass die Gefahr bestand, auch 2019 die Bauphase vor der eigentlichen Brutzeit nicht rechtzeitig abschließen zu können.

 

Im April 2019 war die ca. ein Hektar große Fläche für die Sturmmöwenkolonie dann mit einem 1,25 Meter hohen Stabgitterzaun umgeben und verhinderte zumindest schon einmal das Eindringen von Füchsen. Eine genaue Gelegezählung am 10. und 11. 2019 Juni ergab die Anzahl von 243 Sturmmöwengelegen, ein Paar Schnatterenten und ein Paar des Austernfischers. Ca. 15 spätere   kamen bis Anfang Juli dann noch hinzu.  

 

Auf Grund der zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültigen Zaunhöhe wurde zusätzlich ein E-Zaun angebracht. Zwei Gründe führten dazu, dass noch Gelege bzw. Küken von Sturmmöwen, Enten und auch ein Paar der Austernfischer verloren gingen:

 

1. Auf Grund der starken Trockenheit in den Monaten März und April sowie Anfang Mai machte sich Nahrungsmangel bemerkbar. Bei den Sturmmöwen kam es deshalb zum Kannibalismus –  Verzehr von Eiern aus benachbarten Nesten, seltener auch durch Fraß von Jungvögeln

 

2. Verluste durch Marder, für die der Zaun ohne Abweisergitter noch kein echter Hinderungsgrund war

 

Erst Ende Juni 2019 konnte der Stabgitterzaun dann mit schräg nach außen abgewinkelten Abweisergittern versehen und damit eine Gesamthöhe von 1,60 Metern erzielt werden. 

 

Der Stabgitterzaun hielt jetzt den Angriffen der Prädatoren stand. Lediglich der Seeadler konnte einige Jungvögel wegholen. Mit ca. 265 flüggen Sturmmöwen konnte ein beachtlicher Bruterfolg erzielt werden. Zurzeit verlassen die Sturmmöwenpaare mit ihren Jungen am Tag bereits ihr eigentliches Brutareal zur Nahrungsaufnahme, ehe sie abends noch in den „sicheren Hafen“ ihrer eigentlichen Brut- und Aufzuchtfläche zurückkehren.  

 

Rund um das Naturzentrum bieten die Sturmmöwen atemberaubende Flugshows an. Für die Besucher am Naturzentrum und auf dem Graswarderweg ist es ein besonderes Schauspiel und wer noch ein bisschen Zeit mitbringt, kann abends gegen 18.00 Uhr sogar den Seeadler bei der Jagd nach flüggen Sturmmöwen zuschauen. Ein Schauspiel der besonderen Art! 

 

Es bleibt die Hoffnung, dass sich nach Vollendung der zweiten Bauphase mit dem nächsten Zaunabschnitt östlich des Beobachtungsturmes ähnlich positive Ergebnisse für die gesamte Küstenvogelwelt des Graswarders einstellen. Ziel ist es, dass das „Vogelparadies Graswarder“ erhalten bleibt. 

 

Heiligenhafen, den 2. August 2019

Klaus Dürkop, Referent

Mo

17

Jun

2019

Masseneinflug des Distelfalters

Wer jetzt in Heiligenhafen Schmetterlinge auf Blütenpflanzen beobachtet, kann fast ausnahmslos Distelfalter erwarten,  nicht etwa Kohlweißlinge oder Tagpfauenaugen.

Sie sind aus Südeuropa eingeflogen und das sieht man ihnen auch an. Auf ihrem über 2000 km langen Weg Richtung Norddeutschland haben die Flügel dieses auf dem Balkan geschlüpften Falters  schon arg gelitten und wirken farblich recht abgenutzt. Das hier gezeigte Exemplar stammt aus dem Juli 2005, als schon einmal ein Masseneinflug von Distelfaltern hier auf dem Graswarder beobachtet werden konnte, farblich ein Prachtexemplar.

 

Der Distelfalter ist ein Extremwanderer, der in Arabien seinen Flug beginnen kann, im Mittelmeerraum seine ersten Eier legt, dort seine Umwandlung zum Falter vollzieht, um dann über die Alpen nach Norddeutschland zu ziehen. In diesem Jahr erfolgte der Zug der Schmetterling schon recht früh, denn hier tauchten die ersten Exemplare um den 4. Juni auf. 

Wenn günstige Windströme herrschen, ziehen sie mit dem beginnenden Sommer sogar noch weiter bis Nordnorwegen und Island.

 

Bei uns legen die Falter ihre Eier an Brennnesseln und Disteln ab, wo aus den Raupen die nächste Faltergeneration schlüpft. Zu sehen sind sie dann bei uns in den Gärten häufig auf der Buddleja, dem Schmetterlingsflieder, auch Sommerflieder genannt. Für die Vermehrung dieses Weltenbummlers trägt ein insektenfreundlicher Blumengarten bei, der eintönige Rasenflächen vermeiden sollte. Wildblumen können mehr und mehr eine Antwort auf das Insektensterben sein. 

 

Im Spätsommer kehrt sich die die Zugrichtung der neu geschlüpften Distelfalter wieder um, denn er verträgt keinen Frost. Im Mittelmeerraum kann es noch eine weitere Generation geben. Dann überqueren die Falter das Mittelmeer und kehren in ihre Ursprungsländer nach Nordafrika zurück.

 

Fotos und Text: Klaus Dürkop

 

So

26

Mai

2019

Neuer Rekord

Hunderttausende von Blütenköpfen der Grasnelken recken sich zur Zeit auf dem Graswarder in den Himmel. Ein Blüten-meer, wie wir es vor 15 Jahren schon einmal erleben durften. Diesmal aber noch viel umfangreicher.

 

Bereits 2018 hatte sich im Frühjahr die Grasnelke (Ameria maritima) als typische Strandwallpflanze polsterartig und flächen-deckend angekündigt, verkümmerte aber auf Grund der Trockenheit ab April. Der zu erwartende rosarote Blütenteppich blieb aus, hat sich 2019 aber in faszinierender Weise zurückgemeldet – dank entsprechender Nieder-schläge. Viele Hektar dieser seltenen Küstenpflanze prägen nun gerade im Ostteil des Naturschutzgebietes das Gebiet, leider außerhalb der Begehungszone. Die. Hauptblütezeit erstreckt sich über die Monate Mai und Juni.

 

Der Besucher muss aber nicht auf den schönen Anblick verzichten, denn die ersten großen Grasnelkenfelder kann man schon direkt am Naturzentrum des NABU erleben. Wer sich darüber hinaus in die Froschperspektive begibt, kann auch noch den betörenden Duft aufnehmen.

 

Anders als ihr Name vermuten lässt , gehört die Pflanze aber nicht zu den Nelkengewächsen, sondern ist eine auf der Roten Liste stehende Pflanzenart, die zur Familie der Bleiwurzgewächse gehört. Sie ist in Salzwiesen wie hier auf dem Graswarder zu Hause und entwickelt sich dort besonders gut, wo eine extensive Beweidung mit Rindern stattfindet. Höher wachsende Gräser wie die Strandquecke oder der Rotschwingel würden diese krautige Pflanze überwuchern und weniger sichtbar machen.

 

Grasnelken zählen zu den Stauden und sind in Zuchtform auch in Hausgärten anzutreffen. Nicht selten finden wir sie an Straßenrändern, wo Salz gestreut wird. Sie blühen von Mai bis Oktober. Bestäubt werden sie von zahlreichen Insekten, wie Weichkäfern und Wildbienen. Blütenteppiche mit Grasnelken sind auch Ziel des Naturschutzmanagements, um Insekten notwendige Überlebenschancen zu geben.

 

Als die Grasnelke noch nicht unter Naturschutz stand, nutzten die Heiligenhafener im Juni die Blüten anlässlich des Vogelschießerfest zum Binden von Kränzen. Besonders geeignet war diese Blütenpflanze durch die langen Stiele. Im Volksmund nannte man sie deshalb auch Drahtblume. Weitere Trivialnamen sind Meernägel und Möwenblume auf Helgoland, Pingsterblöm in Ostfriesland, Seegras in Ostpreußen oder Strohblume in Bremen.

 

 

Text und Fotos: Klaus Dürkop

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